Wie alles anfing

am 8. September 2009 auf Jettes Merkzettel

Fräulein Tong Tong...
...mit der Klapperbüchs.

Ich (Jette) hab mal wieder eine alte Redewendung ausgegraben, über die ich einzig in Erfahrung gebracht habe, dass es sich um eine typisch Berliner Bezeichnung handele, aber nicht, was sie bedeute oder welchen Ursprung sie habe.

Heutzutage wird der Name "Frl. Tong Tong" (auch in Variation mit k: Tonktonk), zusammen oder getrennt geschrieben häufig als Alias-, Meerschwein- oder Kinderbuchfiguren-Name verwendet. Auch die Frage nach dem Ursprung wird gestellt, aber eher als phantasievolles Aufsatzthema (dessen Ergebnisse allerdings nicht veröffentlicht wurden), denn als ernsthafte Überlegung.

Also hab ich auch phantasievoll nachgedacht, ein paar Tage lang. Nicht durchgehend und pausenlos, aber immer mal wieder.

Und das ist das Ergebnis:
In meiner Kindheit wurden Mädchen bisweilen als Fräulein Tong Tong bezeichnet, in diesen oder ähnlichen Zusammenhängen:

"So, Fräulein Tong Tong, was soll das denn wieder heißen?"
"Das Fräulein Tong Tong braucht wieder ne halbe Stunde länger!"
oder "Nu mach mal hinne, Fräulein Tong Tong!"
und "Da kommt ja (endlich) das Fräulein Tong Tong mit der Klapperbüchs."

"Fräulein Tong Tong" scheint mir eine Anspielung auf asiatische Exotik zu sein. Die Verwendung der Anrede deutet aber in keiner Weise auf respektvollen Umgang mit dem Anderssein hin, sondern ganz im Gegenteil: Ein so angesprochenes Mädchen soll sich gefälligst auf keinen Fall einbilden, dass es etwas Besonderes sei!

Kommen wir nun zur Klapperbüchs. Zunächst denkt man hier vielleicht an eine Kinderklapper oder eine Geldsammelbüchse.
Eine andere Richtung erfahren wir im Deutschen Sprichwörter-Lexikon. Demnach könnte es sich um ein Mädchen handeln, das das Plappermaul nicht halten kann.

Im norddeutschen Raum steht der Ausdruck "Büchs" auch für Hose.
Deshalb könnte es sich möglicherweise um einen sehr dünnen Menschen handeln, dem die Hose um die Knie schlottert, während im klapperkalt ist...
Aber das ist nicht wirklich passend zum Fräulein Tongtong.

Deshalb fürchte ich, dass es bei der Klapperbüchs um eine "Unnerbüchs" geht. Wenn dieselbe eine Weile nicht gewechselt wurde und vor Dreck erstarrt ist - damit ist nicht vorrangig das gemeint, was ins Klo gehört, sondern beispielsweise das, was hängen bleibt, wenn man zum Spielen in modderigen Pfützen hockt! - dann, ja dann kann man sie nach einem gewissen Trocknungsprozess gut und gerne als Klapperbüchs bezeichen.
Und damit wird dann noch einmal dick unterstrichen, dass das, als "Fräulein Tong Tong mit der Klapperbüchs" bezeichnete Mädchen mit Sicherheit nichts besonderes ist, sich nichts auf irgendwas einbilden soll, sondern ein ganz gewöhnliches (nicht sonderlich beachtenswertes) Mädchen ist, dass auch schon mal im Dreck spielt...

Soweit meine Ideen. Fällt jemanden noch was dazu ein?

Die obige Zeichnung ist von Meister Zille, der einiges zu diesem Thema verfasst hat...



Kommentar vom 25. Februar 2010:
Anonym Anonym hat gesagt...
Ich kenne den Ausdruck auch im Zusammenhang mit leichtem Tadel - von meinem Vater. Der kam ursprünglich aus Oberschlesien. Da hieß es dann allerdings "Fräulein Tong Tong mit dem Gewitterhütchen". Wenn er sagte: "Mein liebes Fräulein Tong Tong!" - brannte die Luft :-)

3 Kommentare:

  1. Habe mich sehr gefreut, auf Ihre Seite und die ausführlichen Erklärungen gestoßen zu sein. Ich kenne den Ausdruck, allerdings erst seit kurzem, und zwar in der Version mit dem Gewitterhütchen. Die Mutter meiner Freundin (aus Berlin stammend) soll das früher immer gesagt haben, wenn die junge Dame schlecht drauf war: „Da kommt Fräulein Tonk Tonk mit dem Gewitterhütchen“ bedeutete, dass dem Kind etwas über die Leber gelaufen war. Der Ausdruck ist inzwischen Teil unserer privaten Kommunikation geworden: „Na, Gewitterhütchen auf?“ oder „Aber lass das Gewitterhütchen im Schrank!“. Ich selbst habe unfreiwillig eine neue Variante erfunden, weil mein Gedächtnis mich im Stich gelassen hatte und ich das „Gewitterhütchen“ durch ein „Donnerhütchen“ ersetzt hatte. Passt auch.

    AntwortenLöschen
  2. Hallo und auch von mir vielen Dank für die Recherchen und Ausführungen. Mein Vater (geb. 1921) hat mich als Kind aus Scherz ab und zu als Tong Tong mits Gewitterhütchen bezeichnet. Aber nach meiner Erinnerung ohne jeden Bezug zu meiner kindlichen Gefühlslage. Liebe Grüße

    AntwortenLöschen
  3. Zu "Klapperbüchs": Im Ruhrgebiet nannte man eine (Mädchen-)Unterhose, die ausgeleiert war "Klamperhose".

    AntwortenLöschen